Ukrainehilfe – September 2024 – Helfen und dankbar sein

(English version at the bottom of this page)

Am 05. September 2024 sind in Alzey zwei Gruppen des Sankt Lazarus Ordens mit Hilfsgütern zu drei Zielen in die Ukraine aufgebrochen. „Regelmäßige Begleiter“ unserer Gruppen waren die Luftangriffswarnungen, die zwischenzeitlich leider zum Alltag vieler Menschen in der Ukraine gehören.

Die Gruppe in meinem Fahrzeug – wir hatten Kiew und Cherkassy als Zielorte – war von den Luftangriffswarnung nicht ganz so stark betroffen, wie die zweite Gruppe unter der Leitung von John F. Byrnes, Großprior des St. Lazarus Großpriorates Amerika. Die Gruppe um John führte südöstlich von Zaporozhye, in einem nur wenige Kilometer von der „Nulllinie“ entfernten und gut versteckten Bunker, Erste-Hilfe Trainings im Frontbereich durch. Mit im Gepäck dieser Gruppe waren sogenannte IFAK (Individual First Aid Kits) die an die Teilnehmer der Erste-Hilfe-Trainings übergeben wurden. Die jungen Männer waren sehr dankbar für die IFAK und das Erste-Hilfe-Training, da diese Thematik in ihrer Grundausbildung nur am Rande angesprochen worden war. Da diese Trainings im direkten Frontgebiet stattfanden, wurde diese Gruppe zur Sicherheit von ehemaligen Mitgliedern militärischer Spezialeinheiten begleitet.

In meinem Fahrzeug wurde ich von Matthias Kiene (Stadtmission Alzey), Paul Richards (St. Lazarus Großpriorat Kanada) und Dirk Decoster (St. Lazarus Priorat Belgien) begleitet. Wir hatten für Kiew 100 IFAK, zwei Sauerstoffkonzentratoren mit Akkus, 250 Notfalldecken, 50 chirurgische Hautklammergeräte, 3 Otoskop-/Ophthalmoskop-Sets sowie eine große Menge nicht verschreibungspflichtiger Medikamente und für Cherkassy ein gebrauchtes Dentalröntgengerät, Zahnbürsten, einen mobilen Behandlungstisch, Handschuhe, Windeln, Hygieneartikel, Waschmittel und Rollstühle geladen. Unsere Reiseroute führte uns von Alzey, Posen, Warschau, Lublin an die Grenze zur Ukraine. An der Grenze hatten wir keine Warteschlange und konnten sofort in die Grenzanlagen einfahren. Nach den üblichen Pass- und Zollkontrollen auf polnischer und ukrainischer Seite konnten wir schnell unsere Reise fortsetzen. Da unser Weg nach Kiew an Luzk vorbeiführte, haben wir natürlich auch den Koordinator der Suppenküche in Luzk besucht. Die Suppenküche wird seit zwei Jahren von der Großballei der Niederlande und dem humanitären Großpriorat Europa unterstützt. Neben der Suppenküche betreibt die Hilfsorganisation auch ein Haus für Binnenflüchtlinge und einen Kindergarten. Matthias Kiene übergab, die von der Stadtmission Alzey für den Kindergarten bereitgestellten Hilfsgüter an den Koordinator Alexander R. und wir besprachen, anschließend bei einer Suppe und Kaffee den weiteren Hilfsbedarf für Luzk. Danach fuhren wir weiter nach Kiew.

Aufbruch in Lublin
Kiew – zerstörte Fahrzeuge
Kiew – Totengedenken
Grenzübertritt
Grenzübertritt
Grenzübertritt
Matthias K. & Alexander R.
Abschied in Luzk

In Kiew wurden die IFAK und weitere Hilfsgüter an die Hilfsorganisation „Hospitaller“ übergeben. Die „Hospitaller“ haben bei ihren Einsätzen leider auch zahlreiche Tote und Verwundete zu beklagen und sind bei der medizinischen Erstversorgung und der medizinischen Evakuierung extremen Gefahren ausgesetzt. Daher waren sie für die Bereitstellung der IFAK sehr dankbar. Diese Hilfsorganisation ist eine zivile Freiwilligengruppe mit 360 Sanitätern und arbeitet seit 2014 daran, militärische und zivile Patienten in Kriegsgebieten zu behandeln, zu evakuieren und zu transportieren, die sich über Tausende von Kilometern an den Frontlinien des russisch-ukrainischen Krieges befinden. Als zivile Freiwilligenorganisation sind die „Hospitaller“ vollständig auf die Großzügigkeit von Spenden angewiesen, um die laufenden Operationen zu finanzieren. Unser kanadisches Ordensmitglied John Richards verblieb in Kiew, um die Zentrale der „Hospitaller“ zu besuchen und die weiteren Unterstützungsmöglichkeiten zu besprechen. Während seines Aufenthalts in Kiew war die Hauptstadt zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten Raketen- und Drohnenangriffen ausgesetzt, so dass Luftalarm ausgelöst und Zuflucht in Luftschutzkellern gesucht werden musste.

Dirk Decoster, Matthias Kiene und ich fuhren nach einer Nacht ohne Luftalarm, was für Kiew sehr ungewöhnlich ist, weiter nach Cherkassy. Die für Cherkassy geladenen Hilfsgüter wurden an eine Zahnklinik und das Notfallkrankenhaus Nr. 3 übergeben. Auch haben wir die Poliklinik Nr. 1 besucht. Im Dezember 2022 haben wir dieser Klinik einen Generator übergeben. Wir haben uns vor Ort ein Bild über die aktuelle Situation in den Krankenhäusern machen können und auch mit den verantwortlichen Ärzten gesprochen. Sie waren sehr dankbar für die Bereitstellung der Hilfsgüter. Auch wenn Cherkassy nicht im direkten Frontgebiet liegt, kommen hier mehrmals täglich verwundete Personen für die medizinische Versorgung an. Während unseres Aufenthaltes in Cherkassy gab es zweimal einen Luftalarm. Dirk, Matthias und ich haben diese jedoch verschlafen. Wir wurden im Nachgang informiert, dass in der Nacht 16 Drohnen über Cherkassy abgefangen worden waren. Wieder ein Grund für Dankbarkeit, dass uns nichts passiert ist.

Notfallkrankenhaus Nr. 3 – Cherkassy
Notfallkrankenhaus Nr. 3 – Cherkassy
Notfallkrankenhaus Nr. 3 – Cherkassy

Am 10. September haben sich beide Gruppen wieder in Kiew getroffen und es wurden die jeweiligen Reiseerfahrungen ausgetauscht. An diesem Nachmittag hatten beide Teams das Privileg, die vatikanische Botschaft (Apostolische Nuntiatur) in Kiew zu besuchen und sich mit Msgr. Joseph Maramreddy, dem stellvertretenden Konsul, zu treffen, um mögliche zukünftige Unterstützungsmöglichkeiten zwischen dem St. Lazarus Orden und der Nuntiatur zu besprechen.

Zahnklinik Cherkassy
Zahnklinik Cherkassy
Zahnklinik Cherkassy
Zahnklinik Cherkassy
Zahnklinik Cherkassy
Zahnklinik Cherkassy

Die Sicherheitsbegleitung verabschiedete sich am 11. September von uns und John Byrnes wechselte für die lange Rückfahrt nach Alzey in unser Fahrzeug. Von Kiew fuhren wir über Irpin nach Bucha, 20 km außerhalb von Kiew, wo zu Beginn dieses Krieges durch Gräueltaten der Russen über 500 Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder, ums Leben kamen. Der Besuch der Gedenkstätte, die zu ihrem Gedenken errichtet wurde, bildete einen düsteren Abschluss dieser Reise und bestärkte uns in unserer Entschlossenheit, den unschuldigen Menschen in der Ukraine weiterhin zu helfen. Der nächste Stopp war in Lublin (Polen), wo wir das Volunteer Center Lublin besuchten. Das Centrum ist Träger von verschiedenen Hilfsprojekten in Polen, Ukraine und anderen Ländern. Durch Father Mieczysław Puzewicz und sein Team wurden wir, wie auch schon bei den letzten beiden Touren, auch bei dieser Hilfslieferung unterstützt. Es ist leider nicht selbstverständlich, dass sich Organisationen gegenseitig, auch ohne eine formale Kooperationsvereinbarung, unterstützen. Diese Unterstützung ist ein weiterer Grund für Dankbarkeit.

Butcha
Butcha – Memorial
Butcha – Memorial

Unsere unversehrte Rückkehr nach Alzey war dann am 12. September 2024. Am 15. September hatten dann auch die Beteiligten aus den USA, Kanada und Belgien wieder ihre Heimat erreicht.

Ein großes Dankeschön

  • an alle Spenderinnen und Spender die mit ihren Sach- und Geldzuwendungen die Fahrt ermöglicht haben,
  • an die evangelische Kirchengemeinde Alzey und Matthias Kiene für die Lagerfläche zur Zwischenlagerung der Hilfsgüter,
  • an alle die unsere Reise mit Gebet und Segenswünschen begleitet haben,
  • an das Team vom Volunteer Center Lublin, die uns nun schon zum dritten Mal aktiv unterstützt haben,
  • an die Ärzte, das Pflegepersonal, die technischen Mitarbeitenden und unsere Koordinatoren Oleg B. und Mykola K. vor Ort, die in der Ukraine verbleiben, um den Menschen dort zu helfen und ohne die diese Lieferung nicht möglich gewesen wäre und
  • an unsere Ehefrauen, die hinter uns gestanden haben und uns ermutigt haben diese Hilfslieferung durchzuführen.
Danke von Krankenhaus Nr. 3
Klinik Nr. 1
Kriegsspuren
Krankenhaus Nr. 3
Apostolische Nuntiatur

Ukraine Aid – September 2024 – Help and be grateful

On 5 September 2024, two groups from the Order of Saint Lazarus set off from Alzey with aid supplies to three destinations in Ukraine. „Our groups were regularly accompanied by air raid warnings, which have unfortunately become part of everyday life for many people in Ukraine.

The group in my vehicle – we had Kiev and Cherkassy as our destinations – was not quite as affected by the air raid warnings as the second group, led by John F. Byrnes, Grand Prior of the St Lazarus Grand Priory of America. John’s group carried out first aid training in the front-line area south-east of Zaporozhye, in a well-hidden bunker just a few kilometres from the ‚zero line‘. Included in the group’s luggage were IFAKs (Individual First Aid Kits), which were given to the participants in the first aid training. The young men were very grateful for the IFAKs and the first aid training, as the subject had only been touched on in passing during their basic training. As this training took place on the frontline, the group was accompanied by former members of special military units for safety reasons.

I was accompanied in my vehicle by Matthias Kiene (Stadtmission Alzey), Paul Richards (St Lazarus Grand Priory Canada) and Dirk Decoster (St Lazarus Priory Belgium). For Kiev we had loaded 100 IFAK, two oxygen concentrators with batteries, 250 emergency blankets, 50 surgical skin staplers, 3 otoscope/ophthalmoscope sets and a large quantity of over-the-counter medicines, and for Cherkassy a used dental X-ray machine, toothbrushes, a mobile treatment table, gloves, nappies, toiletries, washing powder and wheelchairs. Our route took us from Alzey, Poznan, Warsaw and Lublin to the border with Ukraine. There were no queues at the border and we were able to enter the border facilities immediately. After the usual passport and customs checks on the Polish and Ukrainian sides, we were able to continue our journey quickly. As we passed through Lutsk on our way to Kiev, we visited the coordinator of the Lutsk soup kitchen. The soup kitchen has been supported by the Grand Bailiwick of the Netherlands and the Humanitarian Grand Priory of Europe for the past two years. In addition to the soup kitchen, the charity also runs a shelter for internally displaced people and a kindergarten. Matthias Kiene handed over to the coordinator Alexander R. the relief goods for the kindergarten provided by Stadtmission Alzey, and then we discussed the further relief needs for Lutsk over soup and coffee. Afterwards we travelled on to Kiev.

In Kiev, the IFAK and other supplies were handed over to the aid organisation ‚Hospitaller‘. Unfortunately, the ‚Hospitallers‘ have also suffered many deaths and injuries during their missions and are exposed to extreme dangers while providing first aid and medical evacuation. They were therefore very grateful for the support of IFAK. This aid organisation is a civilian volunteer group of 360 paramedics and has been working since 2014 to treat, evacuate and transport military and civilian patients in war zones thousands of kilometres away from the front lines of the Russian-Ukrainian war. As a civilian volunteer organisation, the Hospitallers rely entirely on the generosity of donations to fund their ongoing operations. Our Canadian Order member John Richards was in Kiev to visit the ‘Hospitallers‘ headquarters and discuss further support. During his time in Kiev, the capital was subjected to rocket and drone attacks at various times of the day and night, forcing air raid alarms to be sounded and people to seek shelter in bomb shelters.

Dirk Decoster, Matthias Kiene and I travelled on to Cherkassy after a night without an air raid, which is very unusual for Kiev. The supplies loaded for Cherkassy were delivered to a dental clinic and emergency hospital no. 3. We also visited Polyclinic no. 1. In December we handed over a generator to this clinic. We were able to see the current situation in the hospitals and talk to the doctors in charge. They were very grateful for the aid. Although Cherkassy is not directly on the front line, wounded people arrive here several times a day for medical treatment. During our stay in Cherkassy there were two air raids. But Dirk, Matthias and I slept through them. Later we were informed that 16 drones had been intercepted over Cherkassy during the night. Another reason to be thankful that nothing happened to us.

On 10 September, both groups met again in Kiev and shared their respective travel experiences. In the afternoon, both teams had the privilege of visiting the Vatican Embassy (Apostolic Nunciature) in Kiev and meeting with Msgr Joseph Maramreddy, Deputy Consul, to discuss possible future support between the Order of St Lazarus and the Nunciature.

The security escort said goodbye to us on 11 September and John Byrnes got into our car for the long journey back to Alzey. From Kiev we travelled via Irpin to Bucha, 20 km outside Kiev, where over 500 civilians, including many women and children, were killed by Russian atrocities at the beginning of the war. Visiting the memorial erected in their memory was a sombre end to the trip and strengthened our resolve to continue helping the innocent people of Ukraine. The next stop was Lublin, Poland, where we visited the Lublin Volunteer Centre. The centre is responsible for various aid projects in Poland, Ukraine and other countries. Father Mieczysław Puzewicz and his team supported us on this aid delivery, as they did on the last two trips. Unfortunately, it is not a matter of course that organisations support each other, even without a formal cooperation agreement. This support is another reason to be grateful.

We returned safely to Alzey on 12 September 2024, and by 15 September the participants from the USA, Canada and Belgium had also returned home.

A big thank you

  • to all the donors who made the trip possible with their donations in kind and money,
  • to the Protestant parish of Alzey and to Matthias Kiene for the use of storage space for the temporary storage of the relief goods,
  • to all those who have accompanied our journey with prayers and blessings,
  • the team from the Volunteer Centre in Lublin, who actively supported us for the third time,
  • to the doctors, nurses, technical staff and our local coordinators Oleg B. and Mykola K., who remain in Ukraine to help the people there and without whom this delivery would not have been possible, and
  • to our wives, who stood behind us and encouraged us to make this delivery.

(06.11.2024, Dirk Augustin)