Liebe Schwestern und Brüder,
die Älteren unter uns erinnern sich möglicherweise noch an den 11. August 1999? Kurz nach 12 Uhr gibt es eine totale Sonnenfinsternis in Deutschland. Ein einzigartiges Ereignis: Unzählige Menschen mit Sonnenschutzbrillen, Schweißmasken, CDs oder Ähnlichem, die in den Himmel gucken, mit ansehen und mit beobachten, wie sich der Mond langsam vor den Sonnenball schiebt und ihn verdeckt.
Beklemmungen, Euphorie, Gänsehaut – ganz unterschiedlich, wie Menschen auf dieses Naturereignis reagieren. In rund 60 Jahren wird es in Deutschland wieder zu beobachten sein.
Mittwoch, 11. August 1999, kurz nach 12 Uhr, Sonnenfinsternis in Deutschland: Und ich bin mit der Heiligen Kommunion und dem Krankenöl unterwegs zum Krankenhaus, um einen Sterbenden zu versehen. Ein noch junges Leben neigt sich seinem Ende zu.
Traurigkeit in den Herzen der anwesenden Familie, die auch ihre Gesichter verfinstert, aber auch Dankbarkeit, dass die Kirche ihre Priester ermächtigt, in der Krankensalbung das Heil Gottes wirksam zu vermitteln, stiller Trost, dass der Heilige Stuhl die Priester bevollmächtigt, in der Sterbestunde einen vollkommenen Ablass zu gewähren.
Nicht nur an einem 11. August 1999 ist Sonnenfinsternis. Viel häufiger gibt es diesen Wechsel, diesen Streit und Kampf zwischen Licht und Dunkel, Freude und Traurigkeit. Tagtäglich machen Menschen die Erfahrung, dass sich etwas Dunkles und Finsteres vor die Sonne ihres Lebens schiebt und sie verdeckt. Nicht immer Spektakuläres: Giftige Blicke oder böse Worte vielleicht, Ärger, Zank, Streit, Krankheit und Schmerz und schließlich und endlich das Sterben und der Tod.
Aber – kraftvoll steigt die Sonne aus dem Schatten heraus, und auch aus den wirren Finsternissen unseres Herzens und unseres Lebens werden wir befreit. Und der Glaube wird zur Hilfe dabei. Denn die Sakramente der Kirche nähren unser Vertrauen und geben uns die Gewissheit: Wir sind nicht allein, sondern in der Gemeinschaft der Glaubenden; bejaht, geliebt, gehalten durch Gott, auch in der schwersten Stunde, in der es heißt, im Sterben die Schwelle des Todes zu überschreiten.
Freude ist stärker als die Traurigkeit, Licht heller als das Dunkle, Leben mächtiger als der Tod.
„Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ (Offenbarung 12, 1)
Einmal mehr erinnert uns das Hochfest der Aufnahme Mariens an die Wirklichkeit von Ostern, einmal mehr feiern wir heute an Mariä Himmelfahrt den Sieg über den Tod:
Christus lebt – mit ihm auch wir.
Maria lebt – mit ihr auch wir.
Einen gesegneten Festtag,
Ihr
Thorsten Neudenberger ECLJ