Liebe Schwestern und Brüder,
plötzlich ist alles anders – wie häufig müssen wir das so sagen und feststellen. Nach einer unerwarteten Diagnose durch den Arzt, wenn im Krankenhaus operiert werden muss und die Krankheit einen ungewissen Verlauf nimmt. Wenn die Firma schließt, die Kündigung kommt, langjährige Partner sich trennen und eigene Wege gehen.
Plötzlich ist alles anders – ein schwerer Krieg zerstört die Ukraine, viele Menschen sterben durch Bomben und Schüsse, unter den Trümmern zerstörter Häuser, verlieren ihr Zuhause und ihre Heimat, ihr Hab und ihr Gut und viele ihrer liebsten Menschen. Dieser unbegreifliche Krieg verbreitet Tod, Hilflosigkeit, Trauer, Schmerz, Angst und Sorge.
Plötzlich ist alles anders, so sagten sich auch die Freunde Jesu nach seinem gewaltsamen Tod am Kreuz. Ihr Lehrer und Weggefährte, ihr Freund und ihr Bruder war nun nicht mehr. Seine Worte waren nicht mehr zu hören, seine Taten nicht mehr zu sehen. Ihnen fehlt die Inspiration und Motivation aus seiner Gegenwart und Nähe. Mit dem Leichnam Jesu legen sie auch ihre Hoffnungen, ihre Pläne für eine gute gemeinsame Zukunft mit in das Felsengrab und verschließen es mit einem großen Felsbrocken, der mit der Kraft eines einzelnen Menschen allein nicht bewegt werden kann. Und sie bleiben allein zurück in ihrer Trauer und ihrer Angst, Opfer weiterer Gewalt und Angriffe zu werden.
Erst nach und nach lernen sie, mit ihrer neuen Situation zu leben. Sie lernen, die Worte des Engels von der Auferstehung und vom Leben verstehen. Es braucht Zeit, sich der Botschaft des Ostermorgens zu nähern: Jesus ist auferstanden und lebt, und mit ihm stehen wir auf und leben.
Zu Ostern, dem großen Fest der Befreiung und des Lebens, wünschen wir besonders auch den vielen Menschen in der Ukraine und auf der Flucht wirksame Hilfen und Trost, wir wünschen Ihnen die Erfahrung, dass es weitergehen kann und weitergehen wird, wünschen ihnen Frieden.
Wenn plötzlich alles anders ist, wünschen wir uns die Kraft der zwei Jünger von Emmaus: Das Erleben guter Weggemeinschaft, die Erfahrung hilfreichen gegenseitigen Zuhörens, damit das Herz brennen kann in neuer Hoffnung und neuer Zuversicht; Jesus soll bei uns sein im gemeinsamen Brotbrechen, in der heiligen Eucharistie.
Wünschen wir uns und allen unseren Lieben zu Ostern gute Gemeinschaft mit dem Auferstandenen und dem Lebendigen!
Ihr
Pfarrer Thorsten Neudenberger